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Während des ersten Ausbildungsjahres denkt ein Lehrling an genau zwei Dinge: „Ich muss den Ausbilder von mir überzeugen“ und „Dieses Jahr strenge ich mich besonders in der Schule an“. Der ein oder andere hängt mit seinen Gedanken zudem beim anstehenden 13. Gehalt, aber an ein Praktikum denkt niemand und noch dazu an keines, das in einer Bibliothek stattfinden soll.
Staubige Bücher, ältere Frauen mit Dutt und Faltenrock habe ich noch nie präferiert, das Betriebspraktikum stand trotzdem in großen Lettern im Kalender.
Für einen Zeitraum von 8 Wochen war ich also als Mitarbeiterin an der Bibliothek der Technischen Universität tätig. Abgesehen von wissenshungrigen Studenten lernte ich die wichtigsten Bereiche einer Bibliothek kennen, darunter die Medienbearbeitung. Neben der Erfassung von Titeln in das Bibliothekssystem, bezahlte ich Rechnungen und bestellte Bücher, die von den Studenten und Professoren zur Anschaffung vorgeschlagen wurden.
Des Weiteren half ich den Bibliotheksnutzern bei Recherchefragen und bei Problemen mit der Internetnutzung, was sich durchaus als schwierig erweist, wenn man in eine Thematik gestoßen wird ohne jegliche Erfahrung vorweisen zu können. Allerdings ergaben sich daraus zahlreiche, amüsante Situationen – genauso wie in der Leihstelle. Dort kommt jeder hin, der ein Buch aus dem geschlossenen Bereich, dem Magazin, bestellt hat und abholen oder Bücher zurückgeben bzw. ausleihen möchte. Das ein oder andere Mal hat auch diese Arbeit zu Komplikationen geführt – nämlich immer dann, wenn man vergisst die ausgeliehenen Bücher zu entsichern und die ahnungslosen Nutzer samt lautem Piepssignal die Bibliothek verlassen wollen.
Besonders interessant allerdings war für mich die Arbeit im Magazin – der Ort, an dem keinem betriebsfremden Bücherwurm der Zutritt gewährt wird. Im geschlossenen Magazin der TU findet man unter anderem eine immense Sammlung an beeindruckenden Comics, ein Werk, in dem Sherlock Holmes erstmalig vorgestellt wird sowie das älteste Buch der Bibliothek: eine Architekturlektüre aus dem 16.Jahrhundert und das teuerste Buch, das einen geschätzten Wert von 20.000€ hat.
Zudem lernte ich buchstäblich, woher die Redewendung „ein Buch aufschlagen“ stammt. Als Literatur im Allgemeinen noch viel aufwendiger hergestellt wurde und nicht als Massenware erhältlich war, verzierte man Bücher mit Schnallen, die man nur mit einem festen Schlag auf den Buchrücken öffnen konnte – das Pendant zum heutigen Marmeladenglas, an dem man seine ganze Muskelkraft beweisen kann.
Fazit: Eine Bibliothek verbirgt hinter einer öde wirkenden Fassade jede Menge spannende Details, die sich lohnen genauer betrachtet zu werden.