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Wenige Minuten vom Alexanderplatz entfernt ist eine Werbeagentur, die mich für sieben Wochen aufgenommen hat. Ich habe dort ein Praktikum absolviert, auf das ich mich schon länger gefreut habe. „Tinkerbelle“ ist der Name dieser Agentur und sie befindet sich in der fünften Etage des Hochzeitshauses. Ein ungewöhnlicher Ort für eine ungewöhnliche Agentur.
Tatsächlich werden die ersten drei Stockwerke sehr stark vom Thema Hochzeit eingenommen. Zum Glück merkte ich davon nichts mehr, als ich im fünften Stock ankam. Das Büro war ein zusammenhängender Raum, der beherrscht wurde von Dachschrägen, braunen, holzigen Dachstützen und 27 Zoll Apple iMacs. „Oha“, dachte ich. „Hier bist du richtig.“
Die Begrüßung an meinem ersten Tag war sehr herzlich. Das Kennenlernen haben wir bei einem Frühstück hinter uns gebracht. Ich wurde allen Mitarbeitern vorgestellt, die sich auf eine überschaubare Zahl von fünf beschränkten. Auch wenn es gerade mal der erste Tag war, wurde mit der Arbeit nicht unbedingt hinter‘m Berg gehalten.
Mein Einsatzgebiet war hauptsächlich das Texten. Egal, ob einen Brief ein wenig persönlicher und netter zu gestalten oder die Suche nach einem einzelnen Begriff oder Namen. Die richtigen Worte zu finden, ist schwer. Keine Zeile ist wie die andere. Manchmal brauchte ich mehr als 300 Wörter, um „das eine Richtige“ zu finden. Das war schon manchmal etwas deprimierend. Ein Beispiel: Ich habe 50 Namensvorschläge für eine neue Marke entwickelt und abgegeben. Nur drei davon sind in die engere Auswahl gekommen. Wie ich damit umgegangen bin? Einfach mal kurz Pause machen, was essen und dann ging‘s weiter.
Aufgeben ist keine Option.
Na jedenfalls habe ich eine Menge darüber gelernt, wie man denn vernünftig mit Wörtern umgehen kann. Zwischendurch kam es immer mal wieder zu Meetings, in denen wir unsere Ideen präsentiert haben. An den Besten wurde dann weiter „rumgefummelt“, bis sie am Ende in einer Best-of-Liste zusammengestellt und dem Kunden gemailt wurden. Eines der absolut coolsten Dinge in der Agentur war die sagenumwobene Eistruhe. Wenn die Mitarbeiter zwischendurch Lust auf Eis haben, dann können sie sich nach Lust und Laune frei bedienen. Das war natürlich nur möglich, weil Tinkerbelle den einen oder anderen Auftrag für Eishersteller gemacht hat. Das ist schon eine tolle Sache. Noch toller wäre es aber gewesen, wenn denn auch wirklich Eis in der Truhe gewesen wäre, als ich da mein Praktikum gemacht habe. Denn unglücklicherweise war das Ding seit März leer, weil eine Lieferung ausblieb. Blöd.
Was so am anstrengendsten war? Ich glaube generell die Arbeitszeiten. In der Agentur war Arbeitsbeginn erst um 9:00 Uhr, viel später als ich gewohnt bin. Zum Feierabend hieß das natürlich, ich war erst gegen 18:00 Uhr raus aus der Agentur. Und das auch nur, wenn alles gut lief. Was fertig werden muss, muss eben fertig werden, denn die Termine sind hundertprozentig bindend. Ansonsten bleibt das Geld aus oder der Job wird nicht an Land gezogen. Ich glaube aber, da gewöhnt man sich relativ schnell dran.
Um mal ein kleines Fazit zu ziehen: Freie Marktwirtschaft ist anstrengend. Die Arbeit in einer Agentur ist nicht die einfachste und die Deadlines sind oftmals ziemlich nahe am Jobbeginn. Auch die Erfolge stellen sich oft erst relativ spät ein.
Aber: Die Wissensvermittlung ist enorm. Die Kollegen sind außergewöhnlich nett und immer hilfsbereit. Fehler sind ok, denn sie müssen gemacht werden, um weiterzukommen. Die richtige Arbeitsmoral ist der Schlüssel zum Erfolg, das ist mir dort erst so richtig klar geworden.
Wenn ihr also mal die Möglichkeit habt, ein Praktikum in einer Agentur, egal welcher Art, zu machen, dann schlagt zu. Es bringt euch weiter als ihr glauben wollt. Ein Kreisel fängt erst dann an zu wackeln, wenn er aufhört, sich zu drehen.
Mit diesen weisen Worten mache ich hier Schluss.
The Ron Rothe